Wie wichtig ist es, die Individualität eines jeden Patienten zu verstehen?

Wenn ein Patient in die Praxis kommt, dann ist für die Untersuchung natürlich die Kenntnis von Anatomie, Physiologie, Innerer Medizin ect. wichtig, da der Mensch untersucht werden muss um eine Diagnose zu stellen. Anhand dieser Daten wird später im Laufe der Behandlung der Verlauf kontrolliert.

Doch die wichtigste Aufgabe eines klassischen Homöopathen ist es, die Individualität des kranken Menschen zu erkennen. Was unterscheidet ihn von den anderen Menschen, die ebenfalls an dieser Erkrankung leiden? Bei zwei Patienten, die die gleiche Erkrankung haben weisen die Symptome zwar eindeutig auf diese Krankheit hin, aber in vielen Punkten ist die Wahrnehmung und die Reaktion auf die Erkrankung eine ganz andere.
Leiden beide Patienten zum Beispiel an Kopfschmerzen, können sich die Art und Empfindung deutlich unterscheiden. Auch die Auslöser können völlig unterschiedlich sein. Außerdem kann es sein, dass bei einen Menschen eine Verbesserung durch Ruhe und Wärme erreicht werden kann, bei dem anderen Kopfschmerzgeplagten aber frische Luft und Bewegung die Beschwerden bessert.
Alles in Allem völlig unterschiedliche Bedürfnisse bei ein und derselben Erkrankung. Während für einen Schulmediziner diese Daten nicht für die Behandlung benötigt werden, sind gerade diese individuellen Merkmale für uns Homöopathen besonders wertvoll.
Diese ganz eigentümlichen Reaktionen sind der Pfad, der uns immer tiefer in die ganz eigene Welt jedes Patienten eintauchen lässt. Denn wie sagte schon Sir William Osler? „Das Individuum, nicht die Krankheit, ist das, worum es geht.“
Deshalb erkundigt sich der Homöopath ausgiebig nach der Vergangenheit und der familiären Vorgeschichte, nach den Ernährungsgewohnheiten, der Wohnsituation, dem Schlaf und nach seinem Temperament. Ein Gesamtbild entsteht, das immer genauer und detaillierter beschrieben werden kann. Jedes Puzzleteil fügt sich in ein anderes und die Verbindung von Körper, Geist und Seele wird damit immer deutlicher.
Es ist offensichtlich, dass eine Krankheit nicht von jetzt auf gleich aus dem „Nichts“ entsteht, sondern sie hat sich entwickelt. Die Gesundheit wurde angegriffen durch verschiedenste Faktoren. Möglicherweise liegt ein Teil der Ursachen bereits sehr weit zurück, in der Vererbung.
Als Homöopathen lernen wir, dass Krankheit ein sich ständig entwickelnder Prozess ist, der bereits früh in jungen Jahren beginnt und sich durchs Leben zieht. Es mag sein, dass die Schulmedizin wunderbare Möglichkeiten entwickelt hat, um diesen Patienten zu helfen. Doch meist wird die Krankheit nur palliativ behandelt. Aber der Kreislauf geht weiter, wenn die Störung nicht ausgeglichen wird.
Wenn nur die sichtbaren Beschwerden entfernt werden, dann bedeutet das, dass der Anlass der Erkrankung noch vorhanden ist und damit der krankhafte Prozess nicht gestoppt wurde. Langfristig werden sich die Beschwerden wieder zeigen oder in anderer Form zurückkehren. Das ist es, was wir häufig feststellen können und immense Kosten im Gesundheitssystem verursacht.
Bei einer Unterdrückung der Symptome wird die Krankheit in schlimmerer Form zurückkehren. Dadurch steigen die Kosten im Gesundheitssystem jährlich um 10%. Einer von Drei Patienten ist krank, weil er Medikamente nimmt. Diese Mittel sind nicht schlecht, aber sie behandeln nicht die Ursache des Problems. Das wird iatrogene Krankheit genannt. Die sogenannten „Nebenwirkungen“.
Alle wirklich heilenden Therapien (dazu zählen auch Arten der Psychotherapie, Meditation ect.) bauen auf dem Prinzip von Aktion und Reaktion auf. Es baut auf dem 3. Naturgesetz von Newton auf: Auf jede Aktion, die auf einen lebenden Organismus ausgeübt wird, folgt eine Reaktion. Dadurch entsteht ein Gleichgewicht. Es trifft auf alles zu, das lebt.
Ein Beispiel: Ich stoße mich mit dem Kopf, die Reaktion ist eine Beule (3.Gesetz) und keine Delle. Dieses Prinzip wenden wir wissenschaftlich mit genau geprüften Arzneimitteln der Homöopathie an.
Es kann vorkommen, dass während der Behandlung mit Homöopathie ein kurzes Wiederauftreten der Krankheit aus der Vergangenheit auftritt. Häufig in umgekehrter Reihenfolge zu ihrer Entstehung. Es kommt einem rückwärts abgespieltem Film gleich. Das ist ein gutes Zeichen, da wir dann guter Dinge sind, die Ursache behandelt zu haben.
Es ist der Mühe wert, die Symptome in allen Facetten und genauestens zu dokumentieren. Eine ganzheitliche Behandlung mag anfangs langsam und mühsam erscheinen, doch die langfristigen Vorteile einer solchen Behandlung haben mich immer wieder überzeugt.

Quellen:
Dr. Rajan Sankaran – Das geistige Prinzip der Homöopathie, Das andere Lied, Die Empfindung in der Homöopathie
Ewald Stöteler – klassischer Homöopath

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